Hintergründe zum SETI-Live-Experiment in Pro 7 Fernsehshow

 

Am Samstag, den 15.11.2008 haben wir im Rahmen der Uri-Geller-Show auf Pro 7 ein live-Experiment mit dem Medicina Radioteleskop des Istituto di Radioastronomia in Italien durchgeführt. In der Sendung wurde eine Radiobotschaft der Zuschauer mit einem 150 kW Sender in der Ukraine in Richtung des Sternes Hip 4872 (ein kleiner roter M-Stern) gesendet. Gleichzeitig haben wir mit einem Radioteleskop ins All "gehorcht".

Im Folgenden gebe ich hier ein paar weitergehende Erklärungen, Details und Motivationen zum ""Horch-Experiment" in der Show. An dem Sende-Experiment waren wir nicht beteiligt.

1.    Das Experiment.................................................................................................. 2

1.1.   Ziele und Erwartungen des Experiments:.................................................... 2

1.2.   Setup:.............................................................................................................. 2

1.3.   Beobachtungen:............................................................................................. 2

1.4.   Studio-Bildschirme:........................................................................................ 3

1.5.   Vergleich mit anderen SETI-Experimenten.................................................. 3

1.6.   Interpretation................................................................................................. 3

2.    Persönliche Anmerkungen.............................................................................. 4

2.1.   Warum mache ich bei "so was" mit?.............................................................. 4

2.2.   Mein Umgang mit "Andersgläubigen"........................................................... 4

3.    Fragen und Zitate aus der Show (FAQs)....................................................... 5

3.1.   Glauben Sie an Außerirdische?...................................................................... 5

3.2.   Breitet sich das ausgesandte Radiosignal mit Lichtgeschwindigkeit aus – Radiowellen sind doch kein Licht?                 5

3.3.   Hat das Radiosignal während der Sendung das Sonnensystem verlassen? 5

3.4.   Programme die wir verwendet haben:......................................................... 5

 

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1.   Das Experiment

Das Experiment hat tatsächlich live statt gefunden. Auch wenn das im Fernsehen nicht mehr oft passiert: wir waren von Beginn der Sendung bis zum Schluss auf Empfang und der Zuschauer konnte die echten, aktuellen Messergebnisse im Studio sehen. Im Experiment wurden künstliche wie auch kosmische Signalquellen empfangen – Signale von Außerirdischen waren, trotz Geller's Kontakt-Versuchen, nicht dabei. Dies war für uns  und die Experten, sowie für die meisten Zuschauer sicher keine Überraschung. Wer darüber enttäuscht ist, soll sich vielleicht einmal fragen, warum er den vollmundigen Ankündigungen eines Fernsehsenders Aliens anlocken zu können so viel mehr zugetraut hat.

1.1. Ziele und Erwartungen des Experiments:

Zielsetzung, Motivation und Fragestellung des Experiments sind natürlich unterschiedlich. Für uns war es ein Demonstrations-Experiment, wie man es z.B. auch bei Tagen der offenen Tür oder in einem Studentenpraktikum machen würde. Dabei lernt man (hier der Zuschauer) an echten Daten und mit echtem Equipment, aber unter Anleitung, wie man eine Beobachtung macht.

Den Sender ging es wahrscheinlich darum, in der Show mit ein wenig technischem Aufwand Eindruck zu schinden.

Uri Gellers', im Vorfeld formulierte Zielsetzung war es, etwaigen Außerirdischen  die Möglichkeit zu geben ein Signal zurück zu senden. Denn: "wenn Uri Geller auftritt können ja die merkwürdigsten Dinge passieren". Letzteres galt es dann zu überprüfen.

1.2. Setup:

SETI-Italia benutzt normalerweise das SERENDIP IV Backend, das aus dem Phoenix-Projekt hervorgegangen ist. Dabei läuft das Backend parallel zu anderen Beobachtungen und analysiert im Hintergrund die Daten nach möglichen SETI-Signalen. Für die Show hatten wir aber das Teleskop komplett für uns und haben das normal Spektrometer (Mspec0) gebraucht.

Wir haben im 22 GHz Band beobachtet, mit einer Bandbreite von 2 MHz und 2048 Frequenzkanälen, also c.a. 1 kHz pro Kanal. Für das angezeigte Real-Time-Spektrum wurde eine Integrationszeit von einer Sekunde gebraucht.  Das Audiosignal wurde über den Audioausgang eines Spektralanalysators produziert.

1.3. Beobachtungen:

Die vier gezeigten Beobachtungen waren:

1)   Hip 4872, 01 02 38.8665 +62 20 42.161, Frequency: 22.233 GHz

2)   Hip 4872, 01 02 38.8665 +62 20 42.161, Frequency: 23.13137 GHz

3)   Verification RFI source (Horizon), AZ=184 deg, EL=+5 deg (dish minimum allowable elevation towards the horizon )

4)   W3OH, (IC1795), 02 27 04.0  +61 52 25.0, Center Frequency 22.23911 GHz

Der Ablauf der Beobachtungen war im Vorfeld so geplant und auch getestet gewesen. Die Beobachtungen liefen ohne Probleme oder irgendwelche Zwischenfälle. Besondere Vorkommnisse oder unerwartete Signale gab es keine.

1.4. Studio-Bildschirme:

Die Kurven auf dem mittleren Monitor in meinem "Cockpit" im Studio waren eine direkte Kopie des Konsolen-Bildschirms in Medicina,. Der Bildschirm wurde mittels VNC übertragen. Die Kurve zeigte das empfangene Radiospektrum im gerade selektierten Frequenzbereich (s.o.). pro Kanal.

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1.5. Vergleich mit anderen SETI-Experimenten

SETI-Italia sind meines Wissens, die einzigen,  die in Europa ein SETI-Experiment durchführen. Die leistungsstärkste SETI-Suche wird vom SETI-Institut und der Universität Berkeley durchgeführt. Mit dem Allen-Telescope-Array steht dafür ein eine neue Anlage bereit. Auch Radioteleskope der nächsten Generation (SKA, LOFAR) werden wohl für SETI-Projekte eingesetzt werden, weil die Suche nach transienten Radiosignalen – ob künstlich oder natürlich – ein immer wichtiger werdendes Feld in der Astronomie wird. Das Studio-Experiment hatte bei weitem nicht die Leistungsstärke dieser modernen SETI-Suchen und ist eher vergleichbar mit dem  Projekt Ozma – wenn auch bei deutlich höherer Bandbreite.

1.6. Interpretation

Das Problem bei der SETI-Suche ist, dass man nichts weiß. Man weiß nicht ob es überhaupt außerirdische Zivilisation gibt. Wenn es sie gäbe weiß man immer noch nicht aus welcher Richtung am Himmel sie senden, bei welcher Frequenz und wie stark. Das heißt man muss eigentlich alles Absuchen. Deshalb brauchen SETI-Projekte sehr viel Geduld. Trotz intensiver Suche ist bis heute noch kein überzeugendes Signal gefunden worden. Mit unserem TV-Experiment kann man also wissenschaftlich kein Neuland betreten und nur einen verschwindend geringen Parameterbereich  ausschließen.

Zur Demonstration taugte unser Experiment es sehr wohl. Der Zuschauer hat gesehen, dass man nach monochromatischen Signalen sucht – weil dort das Signal-zu-Rausch-Verhältnis am besten ist (man denke an die Pfeife eines Schiedsrichters, die man auch in einem vollen Fußball- Stadion noch hören kann). Auch konnte man sehen, dass Störsignale in das Teleskop eindringen und dass man ein solches verifizieren muss, bevor man irgendwelche wilden Spekulationen über Außerirdische beginnt. Zum Schluss konnte man sehen, dass man mit dem Aufbau tatsächlich in der Lage ist kosmische Signale zu empfangen – in unserem Fall die Wasser-Maser-Emission von W3OH.

Die Ziele des Geller-Experiments waren natürlich weitergehend. Es sollte mental und wissenschaftlich mit Außerirdischen kommuniziert werden. Dabei war die Beweislast umgedreht. Es hätte an Geller und den Außerirdischen gelegen den offenen Empfangskanal zu benutzen und Signal zu senden. Das ist, wie von uns vorhergesagt, nicht geschehen.

2.   Persönliche Anmerkungen

2.1. Warum mache ich bei "so was" mit?

Dies hatte zunächst rein praktisch damit zu tun, dass unsere Italienischen Kollegen ihre Teilnahme schon fest zugesagt hatten und einen deutschen Studiopartner suchten. Erst da wurde mir – und dadurch auch den Italienischen Kollegen – der Hintergrund der Sendung klar. Ohne deutschen Gegenpart im Studio hätte aber die Interpretationshoheit über alle Signale im Studio alleine bei Geller und Pro 7 gelegen.  Ich habe mir der Produktion gegenüber, dann zumindest die volle Kontrolle über das Experiment ausbedungen und die Zusage bekommen nichts sagen und machen zu müssen, was ich nicht hätte verantworten können. Außerdem würde ich in der Sendung sagen können, dass ich nicht an Ufos und dem ganzen Drumherum "glaube".  Zumindest unser Part würde ein einfaches Demonstrationsexperiment geben, ohne Manipulationen, Fakes, oder Raum für mystische Spekulationen. Wer weiß, wie manche Fernsehshows gemacht werden,  versteht, dass das nicht selbstverständlich ist. Es sollte zumindest eine kleine "Ecke der Vernunft" in der Sendung geben.

Darüberhinaus bin ich überzeugt, dass sich Wissenschaftler auch in solchen Sendungen nicht zu verstecken brauchen oder sich eine "Igittigitt"-Haltung zulegen müssen. Ich will das im Folgenden erläutern:

2.2. Mein Umgang mit "Andersgläubigen"

Als Wissenschaftler werde ich aus öffentlichen Geldern aller Steuerzahler bezahlt. Insofern empfinde ich eine Verpflichtung der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stehen. Ich gebe daher oft öffentliche Vorträge und komme in Kontakt mit dem Rest der Bevölkerung. Dabei kommt man mit Menschen jedwedem Alters und jedwedem Hintergrundes in Kontakt – vom Ufo-Jünger bis zum knallharten Naturalisten ist dort alles dabei.

Ich habe versucht mir anzugewöhnen allen diesen Menschen mit Respekt zu begegnen, ihnen zuzuhören und Rede und Antwort zu stehen anstatt sie arrogant abzublocken. Das kann schon mal emotional anstrengend sein, besonders wenn man die Meinung des Gegenübers nicht teilt und man mit sehr wilden Aussagen überschüttet wird. Manchmal kann das dazu führen, dass man wie Herr Bublath einfach die Flucht ergreift.

Mein Ansatz ist es sich auch in die "Höhle des Löwen" zu wagen und auch dort mit Engagement und nach bestem Wissen und Gewissen seine Einsichten weiterzugeben. Der unvoreingenommene Zuhörer und Zuschauer ist durchaus feinfühlig und kann oft  intuitiv unterscheiden was abstrus und was redlich ist. Manches Abstruse entlarvt sich von selbst, auch und gerade dann, wenn man es nicht frontal und aggressiv angreift. Die Zuschauerreaktion auf die Uri-Geller-Show scheinen das zu bestätigen. Die Show hat – unfreiwillig – vielleicht mehr zur Aufklärung des UFO-Mythos beigetragen und indirekt mehr Einsichten in diese Denkwelten geliefert, als mancher gutgemeinte Aufklärungsfilm.

3.   Fragen und Zitate aus der Show (FAQs)

Auch wenn ich die Show selber nicht kommentieren will (da gibt es genug im Internet zu finden), möchte ich doch noch ein paar eigene Zitate (sinngemäß – soweit ich mich daran erinnere) aus der Show wiedergeben, um damit Fragen zu beantworten, die in einigen Internetforen aufgetaucht sind:

3.1. Glauben Sie an Außerirdische?

Meine (sinngemäße) Antwort in der Sendung: "Ich bin ja durchaus ein gläubiger Mensch, aber Aliens haben nichts mit Glauben zu tun. Das ist etwas, das man messen und anfassen kann. Da reichen mir keine verwackelten Videos und Hörensagen.  Und: nicht alles, was  jemand "echt" erlebt hat, ist auch echt passiert! Der Himmel wird regelmäßig mit Radiowellen abgesucht. Wir kennen jeden Schuhkarton der dort oben herumfliegt. Aliens waren nicht dabei."

Also, noch mal im Klartext: Das Ufos uns besucht haben oder noch besuchen, Menschen entführen oder sonst was tun, halte ich für ziemlich ausgeschlossen.

Ob es angesichts der riesigen Anzahl Sterne irgendwo im All noch außerirdische Zivilisationen gibt oder nicht bleibt eine spannende wissenschaftliche Frage, die von der nächsten Generation Teleskopen, insbesondere im Radiobereich, angegangen werden wird. Ich habe kein gutes Gefühl dafür, ob die Zahl extraterrestrischer Zivilisationen gleich Null oder größer ist. Deshalb soll man ja danach ergebnisoffen forschen.

3.2. Breitet sich das ausgesandte Radiosignal mit Lichtgeschwindigkeit aus – Radiowellen sind doch kein Licht?

Doch! Radiowellen sind genau wie Lichtstrahlen elektromagnetische Wellen, die sich im Vakuum mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten.

3.3. Hat das Radiosignal während der Sendung das Sonnensystem verlassen?

Das Signal ist innerhalb der Sendung bis deutlich hinter die Saturnbahn gekommen (wahrscheinlich nicht ganz bis zur Uranusbahn). In einer dreidimensionalen Repräsentation des Sonnensystems habe ich gezeigt, wie der Radiostrahl "das Sonnensystem verlässt". Damit war nicht gemeint, dass er das Sonnensystem schon verlassen hat, sondern sich aus der Ekliptik hinaus bewegt. Wenn jemand sagt "der Zug verlässt den Bahnhof" ist er meistens noch nicht ganz draußen ...

3.4. Programme die wir verwendet haben:

-       Cartes du Ciel

-       3D Sonnensystem

 

Heino Falcke, 17. November 2008